Der Betriebswirt – Meine Freunde, seine Freunde

Die Tage gingen ins Land und bei dem Betriebswirt und mir schlich sich eine Art Alltag ein. Unter der Woche studierte ich und wohnte in meiner Wohngemeinschaft in den Niederlanden. Freitagmittags ging es dann zurück nach Deutschland zu meinen Eltern. Die freie Zeit am Wochenende verbrachte ich dann mit dem Betriebswirt und/oder mit meinen Freunden.

Hier entwickelte sich nach und nach eine interessante Zwiespaltung: Während ich immer gern mitkam, wenn sich der Betriebswirt mit seinen Freunden traf, ließ ich ihn immer häufiger zu Hause wenn ich mit meiner Clique unterwegs war. Ich kam mit seinen Freunden sehr gut zurecht; wenn wir zusammensaßen oder feiern gingen, hatten wir unseren Spaß und ich konnte mich mit allen gut unterhalten. Der Betriebswirt war da eher ein zurückhaltender Typ. Im Gegensatz zu mir konnte er nicht so recht mit meinen Freunden warm werden. Mag sein, dass es an seiner Art lag, dass er nicht gut auf fremde Leute zugehen konnte, vielleicht sind meine Freunde auch etwas „schwierig“. Ich hatte allerdings das Gefühl, dass sich der Betriebswirt auch gar nicht bemühte, sich mit meinen Leuten anzufreunden.

Die Jungs  in meiner Clique (ja, damals waren es wirklich noch Jungs, keine Männer) waren noch ziemlich unreif, aber man konnte unheimlich viel Spaß mit ihnen haben, Unsinn reden, feiern gehen. Der Betriebswirt sagte mir mal, wie dumm die doch alle seien. Ja, studiert hatte von ihnen keiner. Von seinen Freunden übrigens auch nicht. Er könne sich mit ihnen nicht auf Augenhöhe unterhalten. Ist auch schwierig, wenn man als einziger zwei Meter groß ist! So kam es, dass der Betriebswirt mir meist am Rockzipfel hing, wenn wir mit meinem Freundeskreis unterwegs waren. Und das nervte mich!

Etwas leichter wurde es, als sich eine Freundin von mir in einen Kumpel vom Betriebswirt verliebte und die beiden ein Paar wurden. Aber trotzdem fühlte ich mich immer mal wieder eingeengt in dieser Beziehung. Ich erinnere mich da speziell an einen Abend: Im Stadtteil, wo der Betriebswirt wohnte, fand auf dem Marktplatz ein Fest statt. Ich wollte mit meiner Clique dorthin und er mit seiner. Also verabredeten wir, uns dort zu treffen. Kaum sahen wir uns, wich er mir nicht mehr von der Seite. Ständig griff er nach meiner Hand, kraulte mir den Rücken, spielte mit meinen Haaren. Aaarg, das machte mich wahnsinnig! Als die Musik aufhörte zu spielen, beschlossen seine Jungs weiterzuziehen. Wir Mädels wollten noch bleiben, am Bierstand war es grad lustig. Also blieb der Betriebswirt auch. Bei mir. War ja vielleicht nett gemeint, aber jetzt war Hahn im Korb und wir unterhielten uns über Frauenthemen. Da konnte er natürlich nicht mitreden und ich hatte ein leises, schlechtes Gewissen, weil er fünftes Rad am Wagen war. Sein Kumpel hingegen war da viel unkomplizierter gewesen: Er hatte sich von seiner/meiner Freundin verabschiedet und ihr den Haustürschlüssel in die Hand gedrückt. So hatten sie trotzdem eine gemeinsame Nacht.

Wenn ich den Betriebswirt darauf ansprach, verstand er mein Problem nicht. Er liebte mich einfach und wollte jede freie Minute mit mir verbringen. Wahrscheinlich war genau das das Problem: Ich liebte ihn nicht (genug).

17 Kommentare zu „Der Betriebswirt – Meine Freunde, seine Freunde

      1. und einem dann tiefgründig, psychologisch erklären, man selber sei gestört weil man keine Nähe zu lässt…Brüller! Ist ´ner Freundin von mir gerade passiert. Ihr Spitzname hier ist Emma Empathie, wenn die keine Gefühle zu lässt, dann weiß ich auch nicht 😉

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