Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Da stehste in der Praxis. Das Wetter ist trüb und du weißt, dass es ziemlich dunkel in den Räumen wird, sobald du das Licht ausschaltest. Die Kollegen sind fort, schon im Feierabend oder noch auf Hausbesuch. Es ist dein letzter Tag, dein letzter Abend in dieser Praxis und wenn du die Tür hinter dir abgeschlossen hast, wirst du die Schlüssel in einen Briefumschlag stecken und ihn durch den Briefschlitz werfen.

So ging es mir gestern. Von den Kollegen gab es zum Abschied eine dicke Umarmung und eine hübsche Topfpflanze, viele liebe Worte und ein paar Tränchen sind auch fast geflossen. Von meinem Chef gab es einen feuchten Händedruck und ein Arbeitszeugnis, welches er noch mal überarbeiten muss. Weder bin ich gerade mal 3 Monate alt, noch habe ich nur einen Monat für ihn gearbeitet.

Nach 8 Jahren Zusammenarbeit war dies ein Ende, welches schmutziger kaum sein konnte. Dass die allgemeine Situation der Heilmittelerbringer nicht einfach ist, wisst ihr vielleicht durch meine Beiträge. Diese Situation wird aber noch schwieriger, wenn man einen Arbeitgeber hat, der einem nichts gönnt und einem das (Arbeits-)Leben nur noch schwieriger macht.

Dies ist eine Abrechnung.

Meine Kündigung erhielt mein Ex-Arbeitgeber vor 6 Wochen, zwei Tage nachdem ich wegen eines Magendarminfekts krankgeschrieben war.  Die Kündigung war für diesen Tag sowieso geplant, doch das Verhalten meines Chefs bei meiner Krankmeldung bestärkte mich nur noch darin: „Wenn es irgendwie geht, dann kommst du morgen arbeiten. Trotz AU.“ Kein Gute Besserung, kein Ruh dich aus. Nur die Aufforderung, so schnell wie möglich wieder Profit zu machen. Ist im Übrigen nicht so, dass ich ständig krank war. In 8 Jahren hatte ich 9 Fehltage.

Die Kündigung traf meinen Arbeitgeber wie der Schlag. Damit hatte er nicht gerechnet. Hätte er aber tun können, immerhin hatte er mir ein paar Wochen zuvor selbst mit Kündigung gedroht. Warum? Weil ich keine Überstunden gemacht hatte, ganz im Gegensatz zu meiner Kollegin, welche sich für die Praxis noch kaputt arbeiten wird und nach eigenen Aussagen nervös wird, wenn sie ihre Pausen nicht mit Arbeit vollgeplant bekommt. Aber das ist ja nicht mein Problem, sondern sollte vielmehr dem Arbeitgeber Sorgen bereiten. Doch seine einzige Sorge war, dass ich meine Pausen einhielt und pünktlich Feierabend machte (im Übrigen stirbt kein Patient daran, wenn er mal ne Woche auf einen Termin wartet). Mein Chef hielt mir also zu diesem Thema eine Standpauke, ich schrieb zeitgleich einen Therapiebericht, vervollständigte eine Patientenakte und trank Kaffee – irgendwie muss man seine Kaffeepause ja sinnvoll nutzen. „Ich merke schon, dass dir das ziemlich egal ist“, schimpfte er. „Wenn das hier so weitergeht mit dir, werden wir sofort stoppen. Dann beende ich das hier.“ Nach außen hin ließ mich das kalt, denn ein Vorstellungsgespräch hatte ich schon vereinbart, meine Kündigung stand für mich zu dem Zeitpunkt schon fest. Trotzdem trafen mich seine Worte, denn ich habe immer viel gearbeitet. Und es ist definitiv ein Unterschied, ob ich bei einer 40-Stunden-Woche fünf Überstunden mache, oder aber bei einer Teilzeitstelle, wie die meiner Kollegin. (Dies war übrigens jener Tag, als der Altenpfleger mir vorwarf, dass ich irgendwie komisch sei. Nicht so fröhlich wie sonst.) Noch am gleichen Tag schrieb ich zwei weitere Bewerbungen.

Auslöser für meine Kündigung war ein ganz ähnliches Gespräch. Mein Chef hatte mich kurz vor meinem Sommerurlaub aufgefordert, noch einen weiteren Patienten an einem Freitag einzuplanen. Ich weigerte mich, da ich dadurch keine Pause gehabt hätte. Bei 38°C Außentemperatur und 32° Innentemperatur wollte ich keine 8 Stunden am Stück durcharbeiten. Was meinem Chef egal war. Auch der Hinweis auf das Arbeitsschutzgesetz war ihm gleichgültig: „Du bist so unflexibel und unkollegial. Da will man mal was von dir und du weigerst dich. Du nimmst nur und gibst nichts. Alle machen Überstunden, nur du nicht. Deine Kollegen beschweren sich schon regelmäßig über dich weil du am wenigsten arbeitest.“ Mooooment! Das war gelogen. Ich verstehe mich sehr gut mit meinen Kollegen und wenn die ein Problem mit meiner Arbeitseinstellung haben, dann wären die zu mir gekommen. Mal abegesehen davon habe ich sehr wohl immer Überstunden gemacht, nur halt weniger als andere. Die Kollegen gegen mich auszuspielen, wollte ich mir nicht gefallen lassen und genau das war der Punkt, wo für mich die Entscheidung zur Kündigung gefallen war. Keine Stunde später hatte ich Vorstellungsgespräch Nummer 1 vereinbart. Schön, dass es Whatsapp gibt 🙂 und schön, dass andere Physios unkonventionellen Bewerbungen gegenüber nicht abgeneigt sind.

Letztendlich hatte ich drei Bewerbungen geschrieben, drei Vorstellungsgespräche gehabt und drei Zusagen bekommen. Es lebe der Fachkräftemangel!

Mein Arbeitgeber war so richtig angepisst von meiner Kündigung. Aber so richtig. Er war sich gar nicht sicher ob die denn wohl rechtens war, viel zu kurzfristig und so. Was kann ich dafür, wenn im Arbeitsvertrag was von gesetzlicher Kündigungsfrist (= 4 Wochen) steht? Außerdem Resturlaub?? Nö, gestrichen! Aus betrieblichen Gründen. Naja, wollte er mir ausbezahlen, komplett streichen kann er mir den ja nicht. Ich wollte aber die Freizeit und habe laut festgestellt, dass ich da so ein Kratzen im Hals habe… Arschloch sein kann ich auch. Und jetzt erst recht. Letztendlich kam er dann einen Schritt auf mich zu und hat mir zumindest 3 Tage Urlaub gewährt, also die letzten Oktobertage nächste Woche. Ach, und was war das für ein Drama herauszufinden, was mir an Resturlaub zusteht. Sechs Tage sind es genau. 26 Urlaubstage habe ich insgesamt, 20 hatte ich schon, macht sechs Tage Resturlaub, denn da ich in der zweite Jahreshälfte gekündigt habe, steht mir der komplette Rest zu. Das wollte mein AG nicht wahr haben. Er wollte mir den Urlaub auf 10 Monate runter rechnen. Als ich ihn auf seinen Fehler aufmerksam machte, entfuhr ihm ein irres Lachen: „Daran hast du jetzt so richtig Spaß, oder? Du machst die ganze Praxis kaputt und stellst dann auch noch Ansprüche.“ Unfassbar! Doch dafür gibt es Gesetze. Nun gut, dann wollte er mir tatsächlich doch den gesamten Resturlaub gewähren, jedoch wollte er dann bitteschön auch von meinem neuen Arbeitgeber schriftlich mitgeteilt bekommen, dass ich dort dieses Jahr keinen Anspruch mehr auf Urlaub hatte. Als ob ihn das was anginge!

Nach dieser ganzen Nachtreterei und allem, was im Vorfeld passiert ist, all dem, was zu meiner Unzufriedenheit geführt hat, denke ich, dass ich alles richtig gemacht habe. In Zukunft werde ich bessere Arbeitszeiten haben, mehr Gehalt, mehr Urlaub. Ich soll mich direkt zu meiner Wunschfortbildung anmelden, von der mein Ex-AG nichts hielt. Mein neuer AG wird diese auch finanzieren. Endlich kann ich meine fiesen Polyester-Shirts wegschmeißen und zur Arbeit tragen, was mir gefällt.

Meine Kollegen werde ich vermissen. Doch wie sagte einer von ihnen so schön? „Ik vind het kut dat je weggaat. Ich finde es scheiße, dass du weggehst. Aber ich kann dich verstehen. Du bist jung und kannst dich noch verändern. Ich bin stolz auf dich, dass du deine eigenen Entscheidungen triffst und Veränderungen wagst.“

Alles richtig gemacht.

20 Kommentare zu „Beendigung des Arbeitsverhältnisses

    1. Ursprünglich war mal der Plan, dass ich die Praxis meines Ex-AG irgendwann übernehmen soll. Sicherlich war er auch deswegen so sauer, weil er sich dafür eine neue Lösung suchen muss.
      Ich muss gestehen, dass ich sehr schlecht in „Papierkram“ bin, deswegen hätte ich schon keine Lust dazu.

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      1. Das ist gar nicht so schwer und hat viele Vorteile. Erstens bekommst du viele Förderungen = Geld und zweitens kannst du dir Kunden und Zeiten selbst aussuchen. Ich habe verschiedene Leute ermutigt )und ein wenig Geld zugeschossen). Am besten gehst du mal zur IHK. Die helfen dir ein wenig.

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  1. Gut gemacht. So einen Arbeitgeber muss man sich heute nicht geben.
    Rechtlich auch alles richtig, ab 1. Juli gilt der volle Urlaubsanspruch und nicht anteilig. Allerdings darf dein neuer AG die Anzahl der genommenen Urlaubstage bei dir erfragen.

    Bei Teilzeitverträgen sind Überstunden gar nicht zulässig, meine ich, denn dann wäre ein Teilzeitvertrag Unsinn.

    Alles Gute und viel Erfolg und Zufriedenheit in deinem neuen Job !

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    1. Was zulässig ist und was nicht, ist meinem Ex-AG relativ egal. Solange sich keiner wehrt zieht er sein Ding durch wie es ihm passt. Und da ich die einzige bin, die ihm mal kontra gegeben hat, war ich natürlich immer die Doofe.

      Es kann nur besser werden 😉 Danke!

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  2. Finde ich super! Man muss sich nicht alles gefallen lassen. Zumal ja in deinem Bereich Fachkräftemangel besteht… Da wundert es mich, dass dein Chef gar nicht damit gerechnet zu haben schien, dass du gehst. Ich wünsche dir viel Erfolg bei deinen neuen Projekten! 🙂

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    1. Danke 😊
      Er hatte zumindest eine Zeitungsannonce aufgegeben, dass er Personal sucht. Bisher ist keine einzige Bewerbung reingekommen…. schon allein aus dem Grund sollte man seine Angestellten auf Händen tragen 😂😂

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  3. Hört sich definitiv so an als wäre das die richtige Entscheidung gewesen. Arbeitgeber denen Arbeitnehmerrechte sch…egal sind dürfen ruhig mal am eigenen Leib erfahren dass es auch Arbeitnehmer gibt die sich nicht alles gefallen lassen.
    Viel Erfolg beim Neustart!

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  4. Deine Erfahrung mit deinem Ex-Arbeitgeber ist echt heftig. Ich hatte damals als junge Masseurin auch so eine Arbeitgeberin, die mich beleidigte, weil ich am letzten Arbeitstag mit einer Migräne nicht mehr kommen konnte. Ich war nur 6 Wochen da, aber es bat sich eine bequemere Arbeitsstelle bei mir in der Nähe ohne Pendelei. Es lief alles fristgerecht und ich bat die Chefin mich für den letzten Arbeitstag früher frei zu geben, da ich am nächsten Tag in der neuen Stelle anfangen sollte. Ich hatte einen Anfahrtsweg von 1 1/2 Stunden und sollte um 21:30 Feierabend haben nach einem 10h Tag. Ich wollte in der neuen Arbeitsstelle fit ausgeruht um 8:00 anfangen. Sie wollte sich das überlegen. Nach mehrmaliger Erinnerung hat sich nichts an meinem Plan geändert. Nun ja, ich weiß dass es nicht die feine Art ist ein Arbeitsverhältnis so zu beenden, aber in dem Fall war ich mir wichtiger als meine Arbeitgeberin.
    Nachdem ich mich krankgemeldet hatte, beschimpfte sie mich als Lügnerin und ich hätte mein Vorhaben schon lange vorher geplant. Dass meine zuvorkommende Art nur vorgetäuscht war.
    Sowas hatte noch nie jemand zu mir gesagt und es hat mich natürlich beschäftigt. Doch das Problem war, dass ihr reihenweise die Mitarbeiter fehlten und sie ihren Frust an mir ausließ.

    Mir wurde auch schon einmal gesagt, dass Masseure Nichts könnten und das in einem Vorstellungsgespräch. Jung, dumm und naiv war ich damals, doch ich ließ mir so ein Vérhalten nicht lange gefallen.

    Heute arbeite ich als Physiotherapeutin in einer Arbeitsstelle, die alles hat und so viele Möglichkeiten offen stehen für eine tolle Behandlung. Doch das Arbeitsklima ist eher gemischt. Trotzdem ist es momentan die einzige Möglichkeit Kind und Beruf zu vereinen.

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    1. Ich glaube, dass manchen Arbeitgeber immer noch nicht klar geworden ist, dass man als Arbeitnehmer nicht mehr auf die Stelle angewiesen ist. Mittlerweile kann man sich die Jobs ja aussuchen.
      Vielleicht ergibt sich für dich irgendwann noch die Möglichkeit auf eine Praxis, wo das Klima angenehmer ist 😉 ich drück dir die Daumen.

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