Der Altenpfleger βeta – Wie man Stehminuten im Sitzen sammelt

Dann kam ich aus meinem Urlaub zurück. Der Soldat 2.0 war mittlerweile selbst im Urlaub und eher schlecht zu erreichen. Generell ist er nicht der Typ, der viel hin und her schreibt, stattdessen schickt er lieber Romane (ich habe spaßeshalber mal ein Lineal an seine letzte Nachricht gehalten. Die Nachricht misst 12cm beim Galaxy S5mini :D) Ganz anders hingegen der Altenpfleger βeta: er schreibt den ganzen Tag kurze Nachrichten, sodass sich eher ein Gespräch entwickelt. Während meines Urlaubs sah das ungefähr so aus: 2.0 schrieb „‘N Abend, die Dame! Hier ist es richtig heiß, aber meine Wohnung hat die 30°C noch nicht erreicht. Stattdessen sind es selbst jetzt noch 34°C draußen, lüften kann ich immer noch nicht. Jetzt mache ich mir erstmal was zu essen, der Salat von heute Mittag hat nicht lange vorgehalten. Es gibt Nudeln mit Pesto. Schön, ich freue mich, dass du in Frankreich einen schönen Ausflug mit dem Mountainbike hattest. Hätte mich auch gewundert, wenn du das nicht geschafft hättest. Oh, so ein Ü18-Schiff wäre toll. Vor den Menschenmassen graut es mir, ansonsten würden mich die Hurtigruten mal interessieren. Aber die Route sind für Familien eher uninteressant (hoffe ich). Morgen habe ich eine Probefahrt für das neue Auto, ich hoffe, dass alles gut klappt. Was steht bei dir morgen auf dem Programm?  Belgien, wenn ich mich richtig erinnere, oder? Ich wünsche dir auf jeden Fall einen schönen Abend. Trink ein Bier für mich mit.“

Am selben Abend schrieb βeta: „Na, wie war dein Tag?“ Ein ziemlicher Unterschied zum Soldaten. Wir tickerten dann ein paar mal hin und her, in dessen Verlauf schrieb mir βeta, dass er mich vermisse. Darauf reagierte ich gar nicht erst. Zum einen fand ich es einfach zu früh mir sowas zu schreiben, zum anderen fühlte ich mich durch diesen Kommentar unter Druck gesetzt. Hey, ich war im Urlaub. Ich wollte nicht vermisst werden, das machte mir irgendwie ein schlechtes Gewissen, weil ich ihn (und auch sonst niemanden) nicht vermisste, sondern meinen Urlaub genoss.

Als ich nach meinem Urlaub wieder zu Hause war, packte ich meinen Koffer aus, schmiss die Waschmaschine an und fuhr zum See. Ich brauchte noch ein wenig Bewegung und frische Luft. Altenpfleger βeta sagte ich Bescheid und wir verabredeten uns dort. Wir begrüßten uns mit einer Umarmung und liefen direkt los, durch den Wald und am See entlang. Er hatte uns zwei Dosen Bier mitgebracht, die wir auf einer Bank am See tranken. Wir saßen nebeneinander ohne uns zu berühren. Unser Kuss war gut zwei Wochen her, so lange hatten wir uns nicht mehr gesehen. Irgendwann nahm ich seine Hand und dann knutschten wir eine ganze Weile herum.  Der Altenpfleger βeta trägt übrigens – genauso wie ich – einen Activity Tracker. Während meiner nur Uhrzeit, Schrittanzahl und andere Kleinigkeiten überwacht, nutzt βeta noch Funktionen wie  „Stehzeit“. Vielleicht könnt ihr euch denken was jetzt kommt. Wir knutschten mittlerweile heftig herum, als plötzlich seine Smartwatch piepste: „Sie haben ihr tägliches Stehziel erreicht.“ Βeta guckte seine Uhr ganz perplex an. Dann lachte er: „Ich wusste gar nicht, dass meine Uhr alle meine Körperteile überwacht.“ An diesem Abend sammelte er noch weitere Stehminuten. Ich erreichte mein tägliches Bewegungsziel hingegen nicht. An den Soldaten 2.0 dachte ich an diesem Abend nicht mehr.

14 Kommentare zu „Der Altenpfleger βeta – Wie man Stehminuten im Sitzen sammelt

      1. Ja ich verstehe das schon 😬 aber Du hast Dir ja vorgenommen Dich zu entscheiden 🤭 wird gerade nicht leichter oder?

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  1. Aaaach die Spannung steigt. Aber du bist ja noch human mit zwei.
    Ich hatte bis vor kurzem 5 verschiedene und das war schon echt stressig und nicht so schön. Auch moralisch nicht.
    Aber jetzt bin ich momentan auf eine Frau fokussiert. 😊👌🏼

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    1. Das kann ich so gar nicht sagen. Mal schreibt er, mal ich. In der Regel zwei sehr lange Nachrichtan am Tag. Heute vormittag habe ich ihm zum Beispiel geschrieben, worauf er mir in der Mittagspause geantwortet hat. Gerade eben hat er von mir die Antwort bekommen (vorher war keine Zeit zum Romane tippen). Ich schätze, dass er mir morgen schreibt, wenn er im Büro sitzt. Es ist nicht dieses typische hin und her, sondern er erzählt von seinem Tag, fragt wie es bei mir war. Später erzähle ich, gehe auf seine Nachricht ein. Es gibt kein Anfang des Gespräches, weil es kein Ende gibt. Genau genommen hat er zuerst geschrieben, indem er mich bei Tinder anschrieb. Seitdem schreiben wir. Es gleicht eher einem Briefwechsel, als einem Whatsapp-Chat. Ich glaube, so kann man es wirklich am besten sehen.

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