Der Altenpfleger βeta – Date mit Abschiedskuss

Am folgenden Wochenende läutete ich endlich meinen verdienten und lang ersehnten Jahresurlaub ein. Erst stieß ich freitags mit einer Freundin auf den Urlaub an, dann traf ich mich samstags mit dem Altenpfleger βeta (der Soldat 2.0 hatte jetzt übrigens auch Urlaub und nutzte den Samstag um mit Freunden darauf anzustoßen).

Nach ewig langem hin und her (Wo treffen wir uns? – Schlag was vor – Nein, schlag du was vor – ich hab zuerst gefragt) einigten wir uns darauf, dass der Altenpfleger βeta mich abholen und wir dann weiterfahren würden. Blöderweise hatte er die Wegbeschreibung zu meiner Wohnung nicht richtig gelesen. Hausnummer 122, neben dem Elektromarkt. Er las nur Elektromarkt und stand im Endeffekt beim falschen Laden. Tja, er wusste halt nicht, dass es davon mehrere in unserer Kleinstadt gibt 😀 Mit ein paar Minuten Verspätung fand er dann aber doch zu mir.

Da mein kleiner Wohnort nicht das meiste an Ausgehmöglichkeiten zu bieten hat und βeta der Meinung war, dass das gleiche für seinen Wohnort galt (dabei dürfte dieser doppelt so groß sein wie meiner), fuhren wir ein paar Orte weiter. Ich machte mich ein wenig über sein Auto lustig. Jaja, Altenpfleger verdienen zu wenig. Aber Audi fahren. Jaja. Doch der Wagen war ein Schnäppchen gewesen, ein Diesel. Fast geschenkt.

Er erzählte, dass es als Altenpfleger fast nicht möglich ist, eine Stelle in Vollzeit zu bekommen. Üblich sind hier in der Gegend 27-30 Stunden pro Woche. Das finde ich echt erschreckend. Damit erklärt sich der Pflegenotstand natürlich und wirklich reich kann man mit der Stundenanzahl auch nicht werden. Deswegen arbeitet βeta noch nebenbei in einer Altenpflegeschule als Dozent. Mega interessant. Er versuchte mich direkt dazu zu überreden, dass ich dort auch unterrichten könne als Physiotherapeutin. Die würden immer wieder Dozenten suchen. Oh Gott, sowas ist nichts für mich. Ich fand ja Referate halten schon immer ganz schrecklich. Mal abgesehen davon hätte ich auch gar keine Zeit dazu, denn immerhin habe ich eine 39 Stunden-Woche. Auf dem Papier. Tatsächlich sind es über 40 Stunden.

Wir bestellten Pizza und wieder einmal hatten wir den gleichen Geschmack und bestellten die gleiche Pizza. Wir alberten herum. Ich machte mich über eine meiner Patientinnen lustig, die ihren Mann immer mit Vatti ansprach – und er sie mit Mutti. Ich finde das ganz schrecklich 😉 Der Altenpfleger fand das aber lustig: „Ich find sowas schön. Dich werde ich später auch mit Mutti ansprechen.“ Ach, waren wir schon soweit?! Doch ich konterte ihn aus: „Zack, verschissen. Dann wird das nichts mit uns.“ Und er grinste. Wir unterhielten uns über alles Mögliche, aber irgendwie hatte ich den Eindruck, dass ich nur an seiner Oberfläche kratzte. Ironie, spöttische Bemerkungen, Floskeln – er schien sich dahinter zu verstecken. Typisch Sternzeichen Krebs: harte Schale, weicher Kern. Nur kam ich an diesen Kern nicht heran. Nichtsdestotrotz genoss ich den Abend und seine Nähe. Auf der Rückfahrt lauschte βeta immer wieder nach einem Klappern oder Schleifen, dass wohl irgendein defektes Teil seines Autos machte. Er hatte auch auf der Hinfahrt schon davon gesprochen und auch da hatte ich es nicht gehört. Βeta setzte mich zu Hause ab und stieg noch eben mit aus, weil er nach dem Auto sehen wollte. War natürlich uneffektiv, da es dunkel war. Wir unterhielten uns noch ein wenig und dann verabschiedeten wir uns. Er nahm mich in den Arm, hielt mich fest – und küsste mich. Wow, das war echt ein Kuss um weiche Knie zu bekommen. Und ein Kuss für Schmetterlinge im Bauch. So standen wir da, vor meiner Haustür, und knutschten. Und dann drückte er mich noch mal, küsste mich und verabschiedete sich. Er versuchte nicht einmal zu fragen, ob ich ihn mit in meine Wohnung nehmen würde. Irgendwie süß.

10 Kommentare zu „Der Altenpfleger βeta – Date mit Abschiedskuss

  1. Das klingt ja nicht so schlecht. Lieber vorsichtig agieren als die Situation verhunzen. Die Männers stehen da schon auch unter Druck.
    Ich hatte ja auf die Gedichte unter der Mondfinsternis gehofft. Aber gut, alles individuell. Schönen Resturlaub.
    P.S.: man sollte Chancen im Leben nutzen, a propos Dozentinnen Tätigkeit. Mach dich nicht so klein. Der erste Schritt ist immer der Schwerste. Ich war auch gebremst bis zum Abwinken und habe auch schon vor vielen Menschen gesprochen, mal gut mal schlecht. Wir sind leistungsfähiger als wir denken. Wenn es nix ist, istves nix, klar. Aber manche Chance kommt nicht zweimal. Denk halt mal ‚männlich‘, was den Job angeht.
    Grüße.

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    1. Die Mondfinsternis hatte ich lieber einen Abend zuvor mit einer Freundin gesehen 🙂 ohne Gedichte.
      Der Dozentenjob ist zeitlich nicht machbar. Wenn Unterrichtszeit ist, bin ich selbst am Arbeiten. Mein Chef würde mir da keinerlei Freiheiten lassen (aber da wird sich vermutlich bald was ändern…)

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