Eigentlich war der Betriebswirt ja gar nicht mein Typ. Rote Haare, blasse Haut, Kinnbart – eigentlich nicht mein Fall. Nur seine Größe von 2m fand ich toll! Aber ich bin ja nicht oberflächlich, auf die inneren Werte kommt es undsoweiterundsofort. Da ich damals in den Niederlanden studierte und unter der Woche dort in einer WG wohnte, trafen wir uns nur an den Wochenenden. Wir kamen uns näher und irgendwann besuchte ich ihn dann zu Hause. Er wohnte noch bei seinen Eltern – ich tat das auch, allerdings nur am Wochenende.
Seine Eltern hatten einen Bauernhof mit Landwirtschaft und etlichen Rindviechern zur Milchproduktion. Ich kann mich noch erinnern wie ich das erste Mal (es war ein dunkler Winterabend) auf den Hof fuhr und erst mal auf der Suche nach dem Wohnhaus war. Etwas mehr Beleuchtung wäre nett gewesen! Der Betriebswirt öffnete mir die Tür und führte mich direkt ins erste Obergeschoss und in sein Zimmer. Es war ein riesiger Raum. Ich bin schlecht im Schätzen, aber 30m² waren das bestimmt. In dem Zimmer stand ein Schreibtisch mit Computer, eine blaue Couchgarnitur (scheußlich, ich mag kein blau) ein Bett mit passendem Schrank. Es war ein schmales Bett, sehr schmal, 90cm. Der Mann war 2m groß, wie schlief der in dem Bett?? Im Übrigen sah das Bett aus als wäre es irgendwann zur Kriegszeit gezimmert worden. Später erfuhr ich, dass es tatsächlich ein Erbstück der Oma gewesen war.
Außerdem waren da Poster an den Wänden. Poster mit schnellen Autos drauf. Dann ein großer Fernseher, Musikanlage. Das übliche eben. Ein typisches Jungenzimmer. Moment, der Mann war 24 Jahre alt. Mein Ziel war es ja, so schnell wie möglich bei meinen Eltern auszuziehen um auf eigenen Füßen zu stehen. Er sah da wohl keine Eile für sich.
Der Betriebswirt war nervös an jenem Abend. Er stellte mich seinen Eltern vor, erzählte mir von seinen Brüdern. Er war der Jüngste von drei Jungs. Den Mittleren kannte ich vom Sehen, der Älteste wohnte irgendwo in Ostdeutschland. An der Wand hing ein Familienfoto. Nur der älteste Bruder und seine Mutter lächelten auf dem Bild. Die anderen drei Personen, also auch der Betriebswirt, schauten todernst in die Kamera. Ich fand das Bild schrecklich.
Beim Kuscheln auf dem Sofa konnte ich das Herz des Betriebswirts laut pochen hören. Er war wirklich nervös. Ich hingegen war – cool? Gefühlskalt? Unaufgeregt? Keine Ahnung, nervös war ich zumindest nicht. Meine Schmetterlinge verhielten sich auch sehr ruhig. Ich fühlte mich wohl bei dem BWL‘er. Ich mochte ihn. Verliebt? Heute bezweifele ich das. Damals wusste ich es nicht.
Wie das halt so ist: wir kuschelten auf dem Sofa, wir knutschten und irgendwann schlug er vor ins Bett zu wechseln. Klar! Doch mit einem Mal gestand er mir noch nicht so viel Erfahrung mit Frauen zu haben… „Was heißt das?“, fragte ich etwas perplex. „Gar keine.“
Ups! Das war erst einmal ein Stimmungstöter. Doch dann führte ich den Betriebswirt in die hohe Kunst des Liebesspiels ein.